2. religišse Unterweisung der Schwestern:
(Golling, 7. Juli 1943)
†ber den Sinn der Herz-Jesu-Verehrung!
EhrwŸrdige Schwestern!
Wir stehen noch in der Festoktav
vom Herz-Jesu-Fest. Ich glaube, es ist deshalb am Platze, wenn wir die heutige Unterweisung
dazu benutzen, uns etwas tiefer in den Sinn der Herz-Jesu-Verehrung
hineinzuarbeiten.
Dass wir Verehrer des gšttlichen Herzens
Jesu sind, ist selbstverstŠndlich, weil wir eben alles, was die Kirche wŸnscht
und befiehlt, mit kindlich demŸtigem Gehorsam annehmen. Und dass die Kirche die
Herz-Jesu-Verehrung wŸnscht, ja sogar befiehlt, wissen wir. Pius XI. hŠtte
sonst das Herz-Jesu-Fest nicht mit einem so hohen liturgischen Rang versehen.
Es ist jetzt ein Fest 1. Klasse mit privilegierter Oktav. Und immer wieder hat
gerade Pius XI. die Herz-Jesu-verehrung so mŠchtig gefšrdert. - So ist–es
also Wunsch des Papstes, Wunsch der Kirche, dass wir das gšttliche Herz Jesu
besonders verehren. Aber was ist der eigentliche, der tiefste Sinn der
Herz-Jesu-Verehrung? Kšnnten wir nicht vielleicht mit genauso viel Berechtigung
das Haupt des gšttlichen Heilandes verehren oder jene HŠnde, mit denen der Herr
so viele Wunder gewirkt und so viel Gutes getan und die im Kanon der hl. Messe
sanctae ac venerabiles manus,
heilige und ehrwŸrdige HŠnde, genannt werden? Und so wŠre es schlie§lich
bei jedem anderen Teil des gšttlichen Heilandes. Sie sind doch alle ehrwŸrdig, weil
sie alle Glieder am Heiligen Leib des Gottmenschen Jesus Christus waren!
Warum gerade das Herz des
Heilandes ganz besonders verehren?
Und da ist die Antwort: Der Gegenstand
der Herz-Jesu-Verehrung ist zwar wirklich das kšrperliche Herz des Heilandes,
aber nicht so sehr als Teil seines Lebens, wie es das Haupt, die HŠnde, die
F٤e usw. auch sind, sondern wir verehren das Herz Jesu ganz besonders
insofern, als es Ausdruck und Symbol der innersten Gesinnungen des Heilandes
ist.
Das Herz ist ja wirklich Ausdruck
der eigentlichen Gesinnungen eines Menschen: Denn wie das Herz eines Menschen,
so sind seine Gesinnungen und seine Handlungen. Das bringt auch unsere Sprache
so schšn zum Ausdruck: Da sagen wir z.B. von einem Menschen: Er hat ein
ãgoldenes HerzÒ und meinen damit, dass er mit Liebe und GŸte an andere denkt. Er
hat ein Herz ãaus SteinÒ sagen wir und meinen, dass dieser Mensch vor lauter Selbstsucht
und Geiz und Eigenliebe nur an sich denkt und keinen Funken VerstŠndnis fŸr das
Leid und die Not des NŠchsten aufbringt... Das Herz ist also auch in unserer
Sprache Ausdruck der innersten Gesinnungen. Wenn jemand, um noch andere
Beispiele anzufŸhren, recht Ÿberzeugend und aufrichtig und schšn zu uns
spricht, so sagen wir: Er redet mit dem Herzen! Und wenn es jemand bei seinem
Tun und Wirken recht gut meint, so sagen wir: Er ist mit dem Herzen bei der Sache!
So nehmen wir in unserer Sprache
das Herz als Ausdruck dafŸr, wie ein Mensch gesinnt ist. Und das gilt auch vom
gšttlichen Heiland. Auch beim Gottmenschen Jesus Christus ist das Herz der
Ausdruck seiner innersten Gesinnungen. Und darum verehren wir das Herz Jesu.
Denn von Ihm und eigentlich von Ihm allein kann man sagen: Er war mit dem
Herzen dabei bei allem, was Er tat: Wenn er die Kranken heilte, so war er
wirklich mit dem Herzen dabei, denn die Liebe trieb ihn zu diesen Wundern
seiner Allmacht. Und wenn er das Brot auf wunderbar Weise vermehrte, er war
wieder mit dem Herzen dabei, denn er hatte Mitleid mit den Volksscharen, die
wie Schafe ohne Hirten waren. Und als er das Letzte Abendmahl hielt und das
heiligste Sakrament des Altares einsetzte, da war er wieder so ganz mit dem
Herzen dabei, denn da zeigt er in unŸbertreffbarer Weise, wie er die seinen
geliebt hat bis ans Ende. Und als er litt und als er starb, er tat es nicht
unwillig und unter einem eisernen Muss, er tat es ganz freiwillig, er war
wieder mit dem Herzen dabei, weil er uns alle durch sein Leiden und Sterben
erlšsen wollte.
So ist das Herz Jesu wirklich Ausdruck
der tiefsten, schšnsten, edelsten Gesinnungen, von denen der Heiland erfŸllt
war. So ist das Herz Jesu wirklich Symbol der unendlichen Erlšserliebe Jesu Christi:
Denn all sein Sinnen und Trachten war nur darauf gerichtet, uns Menschen zu
helfen, uns zu retten, zu suchen und zu retten, was verloren war. Wirklich, es
ist keine sentimentale †bertreibung, dass dieses Herz, das Herz Jesu vom ersten
bis zum letzten Schlag fŸr uns geschlagen hat: Vom ersten Schlag unter dem
reinsten Herzen Mariens angefangen: denn Liebe, unendlich gro§e Liebe war es,
die Ihn dazu trieb, die Seligkeit des Himmels und die Wonne beim Vater
aufzugeben und zu verlassen und ein Mensch zu werden, einer aus uns. –
Bis zum letzten Schlag vor seiner Durchbohrung, denn in seinem Leiden und
Sterben hat es Christus erst geoffenbart, wie er wirklich die Ewige Liebe ist:
Wenn ich erhšht sein werde, werde ich alle an mich ziehen!
Als der Heiland der hl. Margarete
Maria Alacoque erschien und ihr sein heiligstes Herz zeigte, sagte er zu ihr:
Sieh da, dieses Herz, das die Menschen so sehr geliebt hat, dass es nichts
sparte, sondern sich ganz verzehrte und erschšpfte in lauter Liebe! – Ein
KirchenfŸrst hat vor kurzem ein Buch geschrieben, das Stellung nehmen wollte
zum sturmbewegten Zeitgeschehen. Da schrieb dieser Verfasser am Anfang seines
Buches: dieses Buch ist mit meinem Herzblut geschrieben! Ich habe mir damals,
als ich das las, gedacht: Das ist natŸrlich eine †bertreibung. Einer aber
konnte ohne †bertreibung so sagen und schreiben: Jene Seiten, die Ÿber unsere Erlšsung
berichten, sind wirklich mit Herzblut geschrieben, mit dem Blut aus dem Herzen
des Gottmenschen Jesus Christus. Und die Worte, die der gšttliche Heiland da
mit dem Blute seines heiligsten Herzens schrieb, hei§en: Mit ewiger Leibe habe
ich euch Menschen geliebt, um euch alle an mein Herz zu ziehen!
Die ewige Liebe, die
menschgeworden im Herzen Jesu fŸr uns geschlagen hat bei der Menschwerdung,
beim Erlšsertod am Kreuze, bei der Einsetzung des Allerheiligsten
Altarssakramentes, diese ewige, menschgewordene Liebe ist also der eigentliche Gegenstand
der Herz-Jesu-Verehrung.
Und das ist also unsere Aufgabe
in der Herz-Jesu-Verehrung: Uns mit einem liebenden, dankbaren Herzen hineinzudenken, hineinzubeten,
hineinzubetrachten in die innersten Gesinnungen des gšttlichen Heilandes, in
seine unendliche Leibe, die in seinem Herzen fŸr uns sŸndige Menschen brannte:
So gesehen wird man der Herz-Jesu-Verehrung
nie satt werden. Sie hilft uns ja auf die schšnste Weise, den Heiland immer
besser kennenzulernen, so wie er wirklich war. Das wir nicht so sehr die
Šu§eren Ereignisse im Leben des Heilandes betrachten, sondern vielmehr die
Gesinnung, die den Heiland da und da, bei jenem Ereignis, bei jenem Wunder,
usw. erfŸllte. So lernt man den Heiland wirklich kennen. Und trotzdem kommt man
da nie an ein Ende. Denn man merkt dann, wie dieses Herz wirklich ein Abgrund
aller Tugenden ist, und wie wir wirklich nie genug in die Schule dieses
heiligsten Herzens gehen kšnnen.
Und das also ist das erste und
allerwichtigste in der Aufgabe, die wir bei der Herz-Jesu-Verehrung haben: Den
Heiland kennen lernen und den Heiland nachahmen, ihn, der gesagt hat: Lernet
von mir...!
Freilich, es gibt dann auch noch
andere Aufgaben bei der Herz-Jesu-Verehrung. Da kommt dann besonders der Gedanke
der sŸhne dazu, ein ganz wunderbarer Gedanke, der all unserm Arbeiten und Beten
so viel Schwung und so viel inneren Wert geben kann. Aber das Allererste und
wichtigste, wenn wir die Herz-Jesu-Verehrung richtig anpacken wollen, ist doch
dies: Den Heiland besser kennen lernen. Im SŸhnegebet hei§t es: ãViele haben
dich leider niemals erkannt...Ò Wie wahr ist das von vielen Menschen. Leider
auch vielfach wahr von solchen Menschen, von denen man annehmen mŸsste, dass
sie den Heiland lŠngst kennen. Wie traurig, wenn man das auch von uns sagen
mŸsste! So wie es der Heiland zu den Aposteln sagen musste: Tanto tempore, so
lange bin ich schon bei euch und ihr kennt mich nicht! Den Heiland kennen
lernen, dazu mšchte und soll uns vor allem die rechte Herz-Jesu-Verehrung
verhelfen. Und wenn wir dann den Heiland wirklich einmal richtig kennen, dann
werden wir ihn auch mehr, viel mehr als bisher leiben. Wir kennen ihn noch zu
wenig und darum lieben wir ihn so wenig! Eine traurige Tatsache. Und doch
leider wahr! Zur hl. Margarete Maria A. sagte der Heiland einmal: ãWie sehr
dŸrstet mich nach Liebe! Wie brennt mein Herz vom Verlangen, geliebt zu
werden... du wenigstens liebe mich!Ò Soll der Heiland dieses Wort nicht gerade
auch zu uns gesprochen haben? ãDu wenigstens liebe mich!Ò
In der hl. Schrift steht das Wort:
ãWem mehr gegeben worden ist, muss auch mehr lieben!Ò Wie wahr ist dieses Wort:
Uns gottgeweihten Menschen ist wahrlich mehr gegeben worden, viel mehr als
anderen: Die Gnade des Berufes, die AuserwŠhlung vor vielen Tausenden, so viele
Einsprechungen seiner Gnade, so hŠufige Kommunionen, die Gnade der SeelenfŸhrung,
so viele andere Ganden, usw. usw. Gnaden, die den Weltkindern nicht zuteilwerden. Wir haben also dafŸr die
Pflicht, auch mehr zu lieben. Wie aber kann man den lieben, den man nicht
kennt? Darum noch einmal: die erste, die wichtigste, ja, auch die schšnste
Aufgabe der Herz-Jesu-Verehrung ist: Den gšttlichen Heiland in seinen innersten
Gesinnungen und in seinen wunderbaren Tugenden mehr und besser kennen zu
lernen. Alles andere folgt dann wie von selbst: dass wir ihn dann auch
mehr lieben, dass wir ihm dann auch
SŸhne und Genugtuung verschaffen fŸr so viel Verkennung, fŸr so viel
GleichgŸltigkeit, Lauheit und KŠlte! Und dass wir ihn dann auch mehr nachahmen
und unser Herz nach seinem Herzen zu gestalten suchen!
Seien wir also wirklich
Herz-Jesu-Verehrer im wahrsten Sinn des Wortes. Suchen wir den Heiland kennen
zu lernen in seinen innersten Gesinnungen, von denen sein liebeglŸhendes Herz
erfŸllt war. Trachten wir immer mehr danach, dass wir erkennen und begreifen
die Breite und LŠnge, die Hšhe und Tiefe der Liebe Christi, die alles Erkennen
Ÿbersteigt.
Eine eigenartige ErzŠhlung habe
ich einmal wo gelesen. Da wurde einmal beim gro§en ršmischen Feldherrn Julius
Caesar ein Soldat des Verrates angeklagt. Diese Schande lie§ dem treuen
Soldaten keine Ruhe. Er trat vor seinen berŸhmten Feldherrn hin, riss seine
Uniform von seiner Brust weg und zeigte dem Feldherrn die frischvernarbten Wunden
und sagte: ãDeinetwegen habe ich diese Wunden empfangen! Sind das Zeichen des Verrates
oder Beweise hšchster Treue?Ò Das war fŸr Caesar genug. Fort war aller Argwohn
gegen diesen Soldaten. Antipater, so hei§ der Soldat, wurde zum Landpfleger in JudŠa
ernannt. – Vor uns, liebe Schwestern, tritt immer wieder Christus hin. Er
šffnet auch sein Gewand. Er zeigt uns sein durchbohrtes Herz und sagt: FŸr dich
habe ich diese Wunden empfangen, weil ich dich mit ewiger Liebe geliebt und
dich erbarmend an mich gezogen habe! Schenk mir dafŸr dien Herz, liebe mich!Ò Das
wollen wir tun. Das sei wieder unser fester Vorsatz: Den gšttlichen Heiland,
sein liebevolles Erlšserherz besser kennen und dann auch besser lieben zu
lernen, damit Er uns nicht einmal wirklich den Vorwurf machen braucht: Tanto tempore,
so lange bin ich schon bei euch und ihr kennt mich noch immer nicht und liebt
mich immer noch so weinig!